Bei mir selbst einchecken – Eigene Bedürfnisse auf dem Schirm haben

Wenn ich morgens wie ein aufgescheuchtes Huhn durchs Haus laufe, den Kindern Mützen hinterhertrage und Pausenbrote schmiere, noch schnell den Zettel für die Schule einstecke und dann schwer bepackt mit Rucksack, Kuscheltier und Kind auf dem Arm zum Kindergarten gehe – dann übergehe ich für eine Stunde relativ klar viele meiner Bedürfnisse: Das nach Ruhe, Trinken, Essen in jedem Fall. Auf Toilette gehen schaff ich mittlerweile meistens zeitnah. Ehrlicherweise gebe ich einem anderen wichtigen Bedürfnis einfach Priorität: Das nach Routine und einem reibungslosen Ablauf am Morgen.
Und das ist völlig ok! Denn ich weiß, wenn ich nach Hause komme, erwartet mich:

Der Spiegel-Trick: Wie geht es mir eigentlich gerade?

Im Flur, der bei uns eher klein und dunkel ist, aber ein wichtiger Durchgangsweg, hängt ein großer Spiegel. Er macht den Raum optisch größer und bietet mir die Möglichkeit morgens nochmal kurz zu checken, ob ich irgendwo einen Krümel im Gesicht hab oder eine Bluse falsch geknöpft ist.

Aber ein paar Mal am Tag nutze ich den Spiegel auch als Erinnerung für mich, kurz bei mir „einzuchecken“. Ich halte kurz inne, atme 2-3 mal bewusst ein und aus und überlege, wie es mir gerade geht. Welche Gefühle und Bedürfnisse nehme ich wahr? Wie fühlt sich mein Körper an? Und was kann ich mir jetzt gerade Gutes tun?

Für diesen „Trick“ brauchst du natürlich keinen Spiegel. Such dir irgendeinen kleinen Hinweis aus, einen Ort in deiner Wohnung, einen Gegenstand, einen Zettel am Kühlschrank. Oder du verknüpfst es zeitlich mit dem Aufstehen, dem Zähneputzen oder dem Hundespaziergang? Irgendetwas, das dich daran erinnert, kurz innezuhalten und ganz bewusst auf dich selbst zu achten.

Foto: Lisa Fotios (pexels.com); Text geändert von mir

Natürlich ist es nicht immer möglich, jedes wahrgenommene Bedürfnis dann auch sofort zu erfüllen. Wenn du mit quengeligem Baby in der Trage am Spiegel vorbei gehst, kannst du dich trotzdem nicht sofort ins Bett legen und schlafen. Aber es ist ein Hinweis an dich selbst, ein Versprechen :“Ich sehe dich. Ich achte auf dich. Ich kümmere mich auch um dich.“ Und vielleicht kannst du ja überlegen, wie du dir das Bedürfnis in den nächsten Stunden oder Tagen erfüllen kannst.

Eine ähnliche Wirkung hat auch eine meine Lieblingsmeditationen, die wirklich jeder schafft, in den Alltag einzubauen:

Die Achtsamkeitsübung: Eine 3 Minuten Atempause

Über meine eigene Weiterbildung im Bereich Achtsamkeit für Eltern bin ich auf Jörg Mangold gestoßen, der auf diesem Gebiet sehr erfahren ist. Er bietet auf seiner Webseite kostenlos und für alle zugänglich einige Meditationen an, die ich nicht zu spirituell und angenehm gesprochen finde – aber das ist ja immer ein bisschen Geschmacksache.

Quasi ein Klassiker ist die 3-Minuten-Atempause, die ich euch empfehle am Anfang täglich und später nach Bedarf einzubauen. Auch hier geht es darum, einen Moment innezuhalten, euch über den Atem wieder mit eurem Körper zu verbinden und bewusst zu spüren, wie es euch gerade geht und was ihr für den nächsten Tagesabschnitt braucht, um gut hindurch zu kommen. Wenn ihr Zeit und Lust auf längere Meditationen und Achtsamkeitsübungen habt, schaut euch gerne mal auf dieser Seite um.

Halte inne. Sei offen für: Was ist gerade präsent? Wie bin ich unterwegs?

Die Bestandsaufnahme: Der Pegelstand meiner Bedürfnisse

Ab und an lohnt sich auch eine kleine Bestandsaufnahme, um einen Überblick zu bekommen, welche Bedürfnisse vielleicht schon seit längerem zu kurz kommen und auch um vielleicht neue Prioritäten zu setzen. Da ich vor Kurzem ein Rezensionsexemplar vom  „Das grosse Buch der Selbstreflexion“ erhalten habe, möchte ich euch auch eine Übung daraus nicht vorenthalten – die kann man nämlich kostenlos auf der Webseite herunterladen und so auch immer wieder neu ausfüllen, an den Partner/die Partnerin weitergeben usw. (Disclaimer: Ich bekomme keinerlei Geld für Klicks, Käufe oder generell meine Empfehlung des Buchs).

Sie nennt sich Pegelstand der Bedürfnisse und anhand von kleinen Gläschen zu 40 verschiedenen Bedürfnissen kannst du reflektieren, wie stark dein Bedürfnis ist (z.B. ist mein Bedürfnis nach Abenteuer generell deutlich geringer als das nach Wissen oder Sinn) und wie gut dieses Bedürfnis aktuell erfüllt ist. So wird die Abweichung schnell deutlich und du kannst vielleicht auch Unterschiede zu einem vorherigem Zeitpunkt besser erkennen, wenn du die Übung mehrfach machst.

Mich hat sie auf jeden Fall auch dazu angeregt, zu überlegen, welche Bedürfnisse für mich absolute Must-haves sind, welche mein Wohlbefinden deutlich erhöhen und welche sicher nett und sinnvoll, aber für mich nicht zentral sind.

Ich hoffe, diese Tipps zum regelmäßigen Einchecken bei dir selbst, helfen dir dabei, nicht zu sehr in den Strudel der Bedürfniserfüllung für andere zu geraten und dich selbst wichtig zu nehmen. Darauf zu achten, dass es dir selbst gut geht und du im ersten Schritt überhaupt wahrnimmst, was gerade bei dir selbst so los ist. Sonst laufen wir schnell den ganzen Tag im Autopilotmodus herum, ohne auf uns selbst zu achten. Dagegen hilft Achtsamkeit und ein paar Strategien, wie ich sie dir hier vorgestellt habe. Welche Strategie möchtest du direkt heute ausprobieren?

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