Was meinst du, ist das Baby auf dem Foto entspannt? Oder doch eher aufgeregt? Vielleicht auch hungrig?
Seit einigen Jahren gebe ich kurze Live-Seminare für Nutzerinnen der keleya App und das beliebteste Thema mit den meisten Anmeldungen ist immer wieder „Signale des Babys verstehen“. Darin gebe ich den Eltern Informationen an die Hand, wie unsere Babys schon von Anfang an mit uns kommunizieren und wie Eltern auch die feinen, kleinen Signale verstehen können. Mit diesem Blogbeitrag bekommst du einen kleinen Einblick in das Seminar!
Starke Signale - Schwache Signale
Eines der stärksten Signale, die unser Baby einsetzen kann ist sicherlich das Weinen. Es löst in uns direkt den starken Impuls aus, uns dem Baby zuzuwenden und es zu trösten (griesgrämige Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln mal ausgenommen). Wir nehmen das Kind instinktiv hoch auf den Arm und schenken ihm Nähe. Wir versuchen herauszufinden, was unserem Kind fehlt. Da kommt auch Übung und Vertrautheit ins Spiel: Mit der Zeit lernen wir immer besser zu verstehen, was das Weinen bedeutet und unser Kind lernt auch immer mehr, sich auszudrücken.
Das Weinen auszuhalten ist für uns oft sehr schwierig, nicht immer gibt es eine Quick-Fix-Lösung. Natürlich kann es für ganz konkrete Bedürfnisse wie Hunger, Körperkontakt, Wärme oder Schlaf stehen. Aber es kann auch sein, dass dein Kind die Eindrücke des Tages verarbeiten möchte und sein Weinen eher ein Audruck von Gefühlen ist, die gefühlt werden wollen. Das zu erkennen ist nicht einfach und dann auch noch selbst ruhig und zuversichtlich zu bleiben, wirklich die hohe Kunst (und natürlich abhängig davon, ob wir ausgeschlafen sind, Unterstützung haben uvm…).
Die wichtigste Elternkompetenz beim Begleiten von weinenden Kindern ist aus meiner Sicht ganz klar die Selbstregulation. Das ist aber ein Thema für sich und einen eigenen Blogbeitrag wert 🙂
Neben dem Weinen gibt es aber viele weitere sogenannte Feinzeichen, die dein Kind zeigen kann und die dir helfen, Bedürfnisse schon frühzeitig zu erkennen.
Feinzeichen sind keine Vokabeln
Damit nicht das Missverständnis aufkommt, es gehe hier darum die Zeichen deines Kindes wie Vokabeln lernen zu müssen, hab ich es direkt in die Überschrift geschrieben: Es geht nicht darum, dass du jetzt eine Liste von Signalen kennen musst, um dein Baby zu verstehen. Es geht eigentlich eher darum, deine Wahrnehmung und Aufmerksamkeit zu trainieren – beides wichtige Bestandteile von Feinfühligkeit. Und das ist direkt ein weiteres Missverständnis: Feinfühligkeit ist keine angeborene Eigenschaft, sondern Übungssache! Unabhängig vom Geschlecht, Alter (abgesehen von Kindern) oder Verwandschaftsgrad können Menschen lernen, feinfühlig mit einem Baby umzugehen.
Feinfühligkeit kann man trainieren
Feinfühligkeit bedeutet aus wissenschaftlicher Sicht, die Signale deines Babys überhaupt erstmal wahrzunehmen. Dafür musst du in der Nähe deines Kindes sein, wach und „empfänglich“. Wer von Haushalt, Geschwisterkindern, Arbeitsmails oder Straßenverkehr abgelenkt ist, verpasst das ein oder andere Signal. An der Stelle wird hoffentlich auch klar: Es ist weder möglich noch nötig 24/7 alle Signale sofort wahrzunehmen. Aber hilfreich ist es dann eben schon, wenn das Kind z.B. im Tragetuch dabei ist und wir Veränderungen in der Stimmung und dem Wohlbefinden schnell bemerken.
Im zweiten Schritt geht es dann an die richtige Interpretation des Signals – und das ist wirklich einfach Übungssache. Es mag manchmal so wirken, als seien Mütter dort überlegen – Dabei haben sie es einfach bereits von der Kindheit an gelernt, sich um andere zu kümmern oder verbringen schlicht mehr Zeit mit dem Baby – und können aus diesem Grund seine Signale besser interpretieren. Natürlich hilft es auch, den Schlaf- und Essensrhythmus zu kennen oder zu wissen, was das Kind aktuell gerne mag oder nicht so gerne.
Grade wenn das Baby noch klein ist, ist es auch wichtig, schnell auf die Signale zu reagieren – denn nur dann können sie eine Verknüpfung herstellen zwischen ihrem Signal und der Reaktion des Gegenübers. Wenn sie in vielen Situationen erst bitterlich weinen müssen, damit ihnen Beachtung geschenkt wird, weinen sie nachweislich häufiger. Mit der Zeit erlernen unsere Kinder immer mehr Selbstregulationsstrategien und können sich auch mal für kurze Zeit selbst beruhigen z.B. in dem sie an ihren Fäusten nuckeln. Da ist aber jedes Kind unterschiedlich!
Nicht zuletzt geht es darum, angemessen zu reagieren – also zu wissen, was meinem Baby jetzt hilft. Auch das hat viel mit Übung zu tun: Nehmen wir mal an, dein Baby reibt sich die Augen und dreht den Kopf weg – so zeigt es dir möglicherweise, dass es langsam müde wird. Jetzt braucht das eine Baby vielleicht Nähe, leichtes Schunkeln und ein Gute-Nacht-Lied. Ein anderes braucht Dunkelheit und sein gewohntes Bettchen. Einem dritten Baby hilft vielleicht die Fahrt an der frischen Luft, schön warm eingepackt im Kinderwagen. Und vielleicht ist das auch alles das gleiche Baby zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Missverständnisse gehören dazu
Füttern ist ein tolles Beispiel für eine Situation, in der Feinfühligkeit gefragt ist und ein Kind über viele feine Zeichen mit dir kommuniziert. Ob es noch Hunger hat oder eine Pause braucht zum Beispiel. Ob es das Essen mag, die Geschwindigkeit ok ist, es lieber gefüttert wird oder selbst den Löffel halten möchte…
Eigentlich geht es in allen Alltagssituationen um diese Abstimmung zwischen euch und ich möchte dich ermutigen, genau hinzuschauen und auch die feinen Ausdrucksweisen deines Kindes zu beachten, ohne dich selbst zu sehr unter Druck zu setzen oder dir Vorwürfe zu machen, wenn es mal nicht geklappt hat. Missverständnisse gehören dazu und können ein Motor für die Entwicklung deines Kindes sein – denn es lernt, sich genauer und deutlicher auszudrücken und sich verständlich zu machen. Wenn du aber das Gefühl hast, ihr kommt irgendwie auf keinen gemeinsamen Nenner, du weißt einfach nicht, was dein Baby dir sagen möchte oder es weint sehr häufig – suche dir Unterstützung. Melde dich gerne bei mir oder einer Beratungsstelle!
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