Elterngefühle – Teil 2 – The One with all the Good Stuff

Vor zwei Wochen ging es los mit der Reise durch die Elterngefühle und heute teile ich mit euch einen weiteren Auszug aus einem Interview mit mir über so wunderbare Gefühle wie Liebe, Dankbarkeit & Gelassenheit und bald dann auch zu den eher schwierigen Gefühlen, wie Wut und Einsamkeit. Hier im Blog wird daraus für euch eine kleine Serie:

Teil 1 – The One with all the love
Teil 2 – The One with all the good stuff (dieser Artikel)
Teil 3 – The One where everyone is exhausted
Teil 4 – The One where everyone has a hard time

Dankbarkeit & Stolz

Auf etwas stolz sein, die eigene Leistung anzuerkennen – viele haben damit Probleme, vor allem im Kontext Elternschaft. Warum?
Bei vielen von uns spuken alte Glaubenssätze aus der Kindheit herum, dass wir z. B. nur dann Anerkennung verdient haben, wenn wir perfekt sind und keine Fehler machen. Oder wir haben gelernt, dass Bescheidenheit und Zurückhaltung wichtige Werte sind. Gerade Mädchen wurden früher dazu angehalten, nicht herumzuprahlen. Das alles kann dazu führen, dass wir unsere Erfolge selbst kaum sehen oder nicht damit „angeben“ möchten. So verlernen wir nach und nach, wie es sich anfühlt, stolz zu sein und die eigenen Erfolge zu feiern. Dabei ist es total
wichtig, die Aufmerksamkeit auch auf das zu richten, was schon gut klappt. Denn das motiviert uns, gibt uns Selbstvertrauen und erinnert uns an die Stärken, die wir bereits haben und vielleicht auch bei anderen Herausforderungen einbringen können. Der  Vergleich mit anderen ist oft unfair. Gerade über Social Media sehen wir nur einen kleinen, manchmal nicht mal realen Ausschnitt aus dem Leben. Viel hilfreicher ist es, sich mit sich selbst zu vergleichen. Nach ein paar Monaten mit Baby haben die meisten Eltern z.   B. ihre Wickel- und Fütterfähigkeiten enorm gesteigert. Dann kann man sich selbst auf die Schulter klopfen und sagen: „Wow, was heute für mich selbstverständlich ist, war vor ein paar Monaten noch eine riesige Herausforderung.“

Dann kann man sich selbst auf die Schulter klopfen und sagen: „Wow, was heute für mich selbstverständlich ist, war vor ein paar Monaten noch eine riesige Herausforderung.“

Wie kann man lernen, dankbar zu sein?
Zum Glück ist Dankbarkeit Übungssache, das ist heute gut erforscht. Schon einfache, kurze Dankbarkeitsrituale können den Fokus verändern. Wenn wir es uns z. B. zur Gewohnheit machen, abends aufzuschreiben, wofür wir ganz konkret dankbar sind, lenken wir schon tagsüber unsere Aufmerksamkeit auf diese Momente. Wir trainieren unser Gehirn dafür, solche Momente wahrzunehmen. Hilfreich finde ich auch, sich zu fragen: „Was habe ich dazu beigetragen, dass es diesen Moment gab?“ So erkennen wir, wie wir mehr von solchen Situationen in unseren Alltag bringen können.

Welche Rolle spielt die (fehlende) Anerkennung und Wertschätzung von außen?
Anerkennung und Wertschätzung von anderen ist ein wichtiges menschliches Bedürfnis. Doch leider werden Eltern mit kleinen Kindern oft erstmal ausgegrenzt: Kinder sollen ja nicht in der Öffentlichkeit stören, die Brust zum Stillen soll bitte gut verpackt sein und bei der Arbeit darf man möglichst nicht merken, dass man Kinder hat. So verbringen viele Eltern ihre Zeit mit kleinen Kindern zuhause und ihre tägliche Arbeit und Leistung bleibt unsichtbar und wird wenig wertgeschätzt – erst recht nicht finanziell. Diese gesellschafliche Einordnung des Wertes von Sorgearbeit übernehmen wir dann leider oft. In den letzten Jahren, auch durch die Pandemie, wurde aber zumindest einigen klar, wie grundlegend diese Sorgearbeit für unsere Gesellschaft ist.

Gelassenheit & innere Ruhe

Jeder wäre gerne – am liebsten immer – ein gelassener, in sich ruhender Elternteil. Wie kann man das erreichen?
Erstmal ist es mir wichtig zu sagen, dass auch die entspanntesten Eltern schreiende Babys haben können. Trotzdem ist Gelassenheit und ein guter Umgang mit Stress für alle von Vorteil: So werden wir in schwierigen, herausfordernden Momenten nicht von unseren Gefühlen überrollt, sondern behalten die Kontrolle über unsere Reaktionen. Dann können wir besonnen reagieren. Auf dem Weg dahin gibt es unterschiedlichste Hindernisse: Stress von außen kann viel schlechter verarbeitet werden, wenn wir keine Gelegenheit zum Ausgleich haben. Deshalb ist meine Empfehlung, vorbeugend in Selbsfürsorge zu investieren. Dafür müssen wir lernen, die eigenen Bedürfnisse überhaupt erstmal wahrzunehmen. Viele unterdrücken sie durch hektische Beschäftigungen und Ablenkung für eine lange Zeit. Es hilft dann oft schon, sich einige Male am Tag zu fragen: „Wie geht es mir eigentlich gerade? Brauche ich etwas und wie kann ich es mir erfüllen?“ Das zu üben ist ein guter Anfang.

Warum verändert Elternschaft unsere individuellen Wertevorstellungen?
Wir durchleben in verschiedenen Lebensbereichen und auch hirnphysiologisch so etwas wie eine zweite Pubertät, wenn wir Eltern werden – dazu passend wurde der Begriff Muttertät geprägt [Anmerk. von mir: Den Begriff haben Natalia & Sarah von den Schwerherzen Doulas geprägt. Mein Gespräch mit den beiden findest du hier.] In dieser Zeit werden unnötige alte Verbindungen im Hirn gekappt und Platz geschaffen für neue Netzwerke, sodass wir uns viele neue Fähigkeiten aneignen können. Auch sonst ähnelt diese Zeit der Pubertät: Beziehungen verändern sich, der Körper verändert sich, wir hinterfragen unsere Werte und richten uns neu aus. Das ergibt ja auch Sinn: Plötzlich haben wir eben auch die Verantwortung, das, was wir für wichtig und richtig halten, an unsere Kinder weiterzugeben.

Leider ist unser Alltag oftmals so aufgebaut, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse übergehen müssen. Auch mit Sicht auf Elternschaft finde ich es sehr wichtig, wieder zu lernen, diese Bedürfnisse wahrzunehmen, zu kommunizieren und dann gute Strategien zu entwickeln, um sie zu erfüllen. Das erfordert von uns allen Kompromisse.

Endlich „bei sich anzukommen” – wie können Eltern dieses Ziel erreichen?
Ich möchte es mal von der anderen Seite her erläutern: Viele von uns fühlen sich NICHT bei sich angekommen, weil sie nicht mit den eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Signalen ihres Körpers verbunden sind. Das meine ich gar nicht spirituell, sondern ganz praktisch: Wir haben nicht gelernt, unsere Bedürfnisse wahrzunehmen und verdrängen oft, was uns guttut, um „zu funktionieren“. Leider ist unser Alltag oftmals so aufgebaut, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse übergehen müssen. Auch mit Sicht auf Elternschaft finde ich es sehr wichtig, wieder zu lernen, diese Bedürfnisse wahrzunehmen, zu kommunizieren und dann gute Strategien zu entwickeln, um sie zu erfüllen. Das erfordert von uns allen Kompromisse. Aber meine Hoffnung ist es, dass unsere Kinder es leichter haben, wenn wir es auch ihnen schon frühzeitig beibringen.

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